Wir wollen nur dass du glücklich bist!

Menschen haben Erwartungshaltungen und werden mit Erwartungen konfrontiert. Ob Freundschaften, Paarbeziehungen oder eine Eltern-Kind-Beziehung, in Beziehungen finden wir explizite und implizite Erwartungshaltungen.

Doch wie gehen wir damit um, wenn gerade die eigene implizite Erwartungshaltung nicht erfüllt wird oder wir die nicht deutlich ausgesprochenen Erwartungen des Gegenübers aus welchen Gründen auch immer nicht erfüllen?

 

Wir sind stolz auf dich!

Nehmen wir die Eltern-Kind-Beziehung. Schon in jungen Jahren wird ein Mensch direkt oder indirekt mit den Erwartungen seiner Eltern konfrontiert. Sei es bei sportlichen Aktivitäten oder in der Schule. Eltern fördern ihre Kinder, was auch sinnvoll ist, sofern der Spaß und das Wohl des Kindes im Vordergrund stehen. Jedoch kann es auch vorkommen, dass Eltern sich mit den Leistungen und Erfolgen ihrer Sprösslinge schmücken, was dazu führen kann, dass das Kind denkt, es müsse seine Eltern durch seine Leistungen stolz machen. Oder es glaubt, es werde nur gemocht, wenn es die Erwartungen der Eltern erfüllt.

 

Der einmal erzielte Erfolg soll reproduziert werden. Ob das nun der Einser Notendurchschnitt ist oder der erste Platz in der Klasse der Elfjährigen bei der Vereinsmeisterschaft im Tennis.

Sofern die Erwartungen von Elternseite nicht kommuniziert werden, kann das Kind ein Verhaltensmuster entwickeln, das aus der Annahme heraus resultiert "Ich glaube, dass das von mir erwartet wird".

 

Wir wollen nur, dass unser Kind glücklich ist!

Ich glaube, viele Eltern wollen für ihre Kinder das Beste. Dieser Wunsch wird häufig in dem Satz „Ich / Wir wollen nur, dass mein / unser Kind glücklich ist,“ ausgedrückt und der ist Fluch und Segen zugleich. Segen deshalb, weil dem Kind vielfältige Möglichkeiten der Entwicklung eingeräumt werden und häufig auch das Vertrauen geschenkt wird, diese zu nutzten.

Fluch, weil die Erwartung mitschwingt „Werde glücklich!“. Doch was ist, wenn das Kind gar nicht weiß, was es glücklich macht? Oder wenn das Kind etwas gefunden hat, was es glücklich macht, dieses Glück jedoch die Eltern unglücklich macht?

 

Glück und Unglück

Eine junge Studentin kam zu mir in die Beratung, da sie nach ihrem abgeschlossenen Masterstudium der vergleichenden katholischen Religionswissenschaft nach gut 12 Monaten noch keinen Arbeitsplatz gefunden hatte und sich diese Situation seit geraumer Zeit auch in Konflikten mit ihren Eltern ausdrückte.

 

Auf der einen Seite belastete sie stark die Arbeitslosigkeit, auf der anderen Seite, und das war für sie viel schwieriger, belastete sie der Konflikt mit ihren Eltern.

Nach den ersten beiden Terminen fragte ich sie, ob es für sie hilfreich sein könnte, einen gemeinsamen Termin mit ihren Eltern wahrzunehmen.

Sie teilte mir mit, dass sie darüber nachdenken möchte. Ein paar Tage vor dem nächsten Termin rief mich die Studentin an und informierte mich, dass sie mit ihren Eltern zu dem Termin kommen würde.

 

Während des gemeinsamen Termins betonten die Eltern mehrfach, dass es ihr größter Wunsch sei, dass ihre Tochter glücklich ist und sie gar nicht verstünden, weshalb sie sich zu Beginn ihres Studiums für dieses Fach entschieden hatte, wo sich doch damals schon deutlich abzeichnete, dass die berufliche Zukunft unsicher werden könnte.

 

Die Tochter war von dieser Aussage sichtlich überrascht, da sich dies ganz und gar nicht mit der Botschaft deckte, die ihr von klein auf mit auf den Weg gegeben wurde, nämlich „Wir wollen nur, dass du glücklich bist“. Im Laufe des Termins und in einem Folgetermin wurden diese und weitere Differenzen thematisiert.

 

Annehmen – Aushalten – Austauschen

Was jeder der Beteiligten aus dem Beratungsprozess für sich mitnahm:

 

-       Die Situation annehmen wie sie ist. Es wurden in der Vergangenheit Dinge gesagt und Entscheidungen getroffen, die sich jetzt in ihrer Konsequenz darstellen.

-       Aushalten, das etwas anders ist, beziehungsweise den anderen (aus)halten.

-       Im Austausch bleiben. Nicht implizieren, das Gegenüber wisse doch was gemeint ist oder sähe es doch auch so, sondern sich in einer Form mitteilen, die den Beteiligten gut tut und förderlich ist.

 

Solche Situationen wie die vorgenannte und die damit eventuell verbundenen Konflikte sind alltäglich. Menschen haben implizite und explizite Erwartungshaltungen.

 

Es ist beziehungsfördernd, sich darüber auszutauschen und so Gemeinsamkeiten auf- und auszubauen. 

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